(SZ) Wieder so eine Meldung, die einem das Benzin in den Adern gefrieren lässt: Der VW-Konzern hat 2024 nur rund zwölf Milliarden Euro verdient, das sind gut 30 Prozent weniger als im Vorjahr. Wie überall im Land läuft und läuft und läuft es auch in Wolfsburg mies, und das Mindeste, was der deutsche Autofahrer tun kann, ist, seinen Tesla demonstrativ Richtung Mars zu schießen und auf Volkswagen umzusatteln. Verbrenner natürlich, damit auch Söder zufrieden ist. Aber vielleicht ist das gar nicht nötig, denn längst hat der Konzern ein zweites Standbein, das nicht mal Trump mit seinen Wucherzöllen ins Wanken brächte: die Currywurst. Nicht irgendeine dahergelaufene No-Name-Wurst natürlich, sondern die original VW-Currywurst. Sie, die Volkswurst aus der hauseigenen Wurstfabrik, lässt die Aktionäre auch weiterhin ruhig schlafen, denn soeben haben sie die Wurstbilanz ihres Konzerns gelesen: Rund 8,55 Millionen Currywürste haben die Autobauer im vergangenen Jahr verkauft – ein Rekord. Dagegen sind nur 5,2 Millionen Fahrzeuge mit dem VW-Logo über die Ladentheke gegangen.
Es gibt viele Menschen, denen der Siegeszug der VW-Currywurst ein wohliges Bauchgefühl verschafft. Einer davon dürfte Altkanzler Schröder sein, der 2021 so vehement gegen die Verbannung der Currywurst aus der VW-Kantine kämpfte, als ginge es um ein Produkt aus dem Hause Putin. Aber auch der fränkische Wurstextremist Söder wird kaum der Versuchung widerstehen, den Höhenflug der Volkswagen-Wurst auf seinen heroischen Kampf gegen Veganismus, Salat und andere grün-woke Umtriebe zurückzuführen. Und hat nicht Herbert Grönemeyer eines seiner schönsten Lieder der Currywurst gewidmet? „Kommste vonne Schicht, wat schönret gibt et nich als wie Currywurst.“ Schon diese wenigen Verse zeigen, dass es hier um ein Nahrungsmittel der normalen Leute geht, derjenigen, die, um mit Merz zu sprechen, alle Tassen im Schrank haben und deshalb ihren Kaffee direkt aus der Kanne trinken.
Angeblich hat ja die Berliner Imbissbudenwirtin Herta Heuwer die Currywurst erfunden, andere Quellen nennen den Duisburger Peter Hildebrand. Auch Hamburg ist als Ursprungsort im Gespräch, woran der famose Schriftsteller Uwe Timm schuld ist, der seine Novelle „Die Entdeckung der Currywurst“ eben dort spielen lässt. Der Titel stützt die Hypothese, dass die Currywurst gar nicht erfunden werden musste, weil sie immer schon da war, sei es als Idee im Sinne Platons, sei es als Einlage in Abrahams Wurstkessel. So gesehen wäre sie eine Wurst für alle Menschen und somit untauglich für die Kampagnen völkischer Spinner, die deutsche Würste gern als Kampfmittel gegen alles Fremde einsetzen. Hinzu kommt, dass Curry eine Gewürzmischung mit Migrationshintergrund ist. Politisch ist die Currywurst korrekt. Und wenn sie nicht schmeckt, rettet man wenigstens VW.