(SZ) Nicht nur politisch, auch sprachlich ist im Augenblick eine Menge los. Das Signal zum Aufbruch in eine von lästigen Fesseln gelöste Sprache gab Friedrich Merz mit der Aufforderung zum „Rambo-Zambo“, das er in der Wahlnacht im Konrad Adenauer-Haus in die freie Sprachbahn entließ. Damit bewies er, dass man lateinamerikanische Freudentänze mit dem einsamen Kampf eines Ex-Elitesoldaten verbinden kann. Nun hat auch die ehemalige Grünen-Chefin Ricarda Lang gezeigt, dass prägnante charakterliche Einschätzung und politischer Nahkampf sich nicht ausschließen müssen. Lang hat sich über Markus Söder geäußert und dabei niemanden über ihre Gefühle hinsichtlich des bayerischen Ministerpräsidenten im Unklaren gelassen. In der Rambo-Zambo-Sprache stellte sie im „Spiegel-Spitzengespräch“ fest: „Ich muss sagen, der Mann ist bei mir seitdem charakterlich unten durch.“
Die nach der Europawahl-Niederlage zurückgetretene Grünen-Vorsitzende spielte damit darauf an, wie Markus Söder sich bei den erfolglosen Jamaika-Verhandlungen (Schwarz-Grün-Gelb) nach der Wahl 2021 mit Armin Laschet im wahrsten Sinne des Wortes „aufgeführt“ hatte. Lang berichtete, Söder habe jedes Mal, wenn Laschet geredet habe, den Raum verlassen, um sich einen Kaffee zu holen. „Das war ein durchtriebenes, Ihre Autorität vollkommen unterlaufendes, zwischenmenschlich feixendes Verhalten.“ Das sagte sie beim „Spiegel-Spitzengespräch“ zum ebenfalls anwesenden Laschet. Sie habe an diesem Tag „jeden Respekt vor Markus Söder verloren“, führte Lang noch aus und lieferte als Extraservice die Erklärung ihrer sprachlichen Formel gleich mit.
Unten durch sein ist also die niedrigste Stufe, die jemand im charakterlichen Bewertungsranking erzielen kann. Warum? Etymologisch findet sich da kaum Verwertbares. Vermutlich weil tiefer als unten nicht geht, es sei denn, der Blick schweift zum ganz tiefen Unten jenseits der Fünf-Prozent-Marke, welches bei der BSW immerhin mit der Zahl 4,97 genau erfasst werden kann. Daran anknüpfend könnte man nun auch fragen, ob das ganz tiefe oder totale Unten auch bei Söder dingfest gemacht werden könnte. Vielleicht nicht in Zahlen, sondern in Form einer Treppenstufe, auf der sich Söder in Warschau niederließ, um Willy Brandts Kniefall am Ehrenmal der Aufständischen im Warschauer Ghetto nachzuspielen. Für diesen Move gibt es eigentlich kein passendes Sprachbild, weil er komplett indiskutabel war. Dafür passt auf den stets scharf schießenden Söder kaum ein Ausdruck besser als „Das war mal wieder unter aller Kanone“. Von wegen, protestiert da der Lateiner, das Kanonische bezieht sich auf den Kanon als Maßstab allen Wissens, unter dem die schlechten Schüler bleiben. Und jemandem wie Söder, der im ZDF-Sommerinterview gesagt hat: „Bayern ist das beste Bundesland der Welt“, braucht man mit dem Wort unten ohnehin nicht zu kommen. Der Mann ist schon lange oben durch.