Der Fall machte unter der Überschrift „Die verlorene Ehre der Judy S.“ deutschlandweit Schlagzeilen. Der Tagesspiegel hatte enthüllt, wie die „Bild“-Zeitung eine Berliner Polizistin nicht nur an den Pranger stellte, sondern mit falschen Berichten und erfundenen Details Rufmord an ihr beging. Ein in der deutschen Mediengeschichte nahezu einmaliger Fall.

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Nun zahlt die „Bild“-Zeitung Judy S. eine Rekordentschädigung dafür. Die Beamtin Judy S. bekommt nach Tagesspiegel-Informationen 150.000 Euro von dem Springer-Blatt. Darauf hat sich das Medienhaus mit dem Anwalt der Polizistin, Christian Schertz, in einem außergerichtlichen Vergleich geeinigt.

© Gestaltung: Tagesspiegel, Fotos: IMAGO/Maximilian Koch, freepik
Nicht nur die Höhe der Zahlung ist ungewöhnlich hoch und rekordverdächtig. Auch die Richtigstellung, die prominent veröffentlicht werden soll, hat es in sich. Am Donnerstag soll auf der Titelseite der Berlin-Brandenburg-Ausgabe der „Bild“ ganz oben neben dem Logo des Blattes und in der gleichen Höhe die Richtigstellung erscheinen.
Großformatige Richtigstellung auf den Titelseiten
In der Bundesausgabe soll die Berichtigung auf dem Titel vermerkt und dann auf einer Innenseite so groß wie der ursprüngliche erste Bericht zu Judy S. gedruckt werden. Auf dem Titel der „B.Z.“ soll die Richtigstellung so groß erscheinen wie sonst das Aufmacher-Thema, das etwa die Hälfte der Seite einnimmt.
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Auch Judy S. war ein Aufmacher auf der Titelseite samt Foto, das sie erkennbar zeigte. Auch Online soll die Richtigstellung prominent ausgespielt werden.

© Privat
Schertz bestätigte dem Tagesspiegel, dass ein Vergleich mit dem Springer-Konzern geschlossen wurde. Er wollte sich aber zu den Details nicht weiter äußern.
Die „Bild“ gibt nun zu, dass sie in mehreren Berichten über Judy S. Falschbehauptungen verbreitet hat. Keine der Behauptungen treffe zu, alle seien widerlegt. Dazu zählt, dass S. eine Transfrau sei, beim Sex in ihrer Wohnung zwei Männer unter Drogen gesetzt und missbraucht habe, etwa mit einer Penispumpe. Zudem bittet Springer Judy S. um Entschuldigung, ihr sei großer Schaden zugefügt worden.
Dieser Fall ist monströs. Das ist die Geschichte eines unfassbaren Rufmordes.
Christian Schertz
Als der Tagesspiegel im März über den Fall berichtete, hatte Schertz gesagt: „In meiner ganzen beruflichen Laufbahn habe ich keinen derartigen Fall erlebt.“ Hier sei eine Frau öffentlich diffamiert und zum Monster gemacht worden. Solch eine Wucht, solch einen Hass habe er noch nie erlebt. „Dieser Fall ist monströs. Das ist die Geschichte eines unfassbaren Rufmordes.“
S. hatte 2022 ihre Ausbildung bei der Landespolizei Berlin als eine der Jahrgangsbesten abgeschlossen, seither ist sie in einer Einsatzhundertschaft tätig. Die „Bild“-Berichte über sie stehen in zeitlichem Zusammenhang mit der Wahl der Gesamtfrauenvertreterin der Polizei und ihrer Stellvertreterin. S. hatte sich als Vize beworben und die Wahl gewonnen.
Drei Tage nach Bekanntgabe erschien der erste Artikel. Zu sehen war auch das Wahlplakat von Judy S. Aus Polizeikreisen heißt es: Vertreter der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) hätten in den Wochen vor der Wahl immer wieder Stimmung gegen Judy S. gemacht. Die Autorin der Beiträge, die inzwischen nicht mehr bei „Bild“ arbeitet, hat privat und in ihrer Freizeit enge Verbindungen zur DPolG. Die Polizei ermittelt intern gegen Unbekannt wegen Verletzung von Dienstgeheimnissen.