Es kommt eher selten vor, dass Behördensprache verständlich ist, aber das Bundeskartellamt macht eine Ausnahme: Es spricht von Fernwärmekunden als „gefangene Kunden“. Das hat nichts mit der Versorgung an sich zu tun, Fernwärme ist oft eine praktische und klimafreundliche Energieversorgung. So nutzt ein Versorger zum Beispiel die Abwärme einer Müllverbrennung und leitet sie über Rohre an Haushalte, die damit heizen. Aber: Konkurrenz hat das Unternehmen keine, vergleichbar mit Bahnschienen oder Stromnetzen sind Fernwärmenetze natürliche Monopole. Kunden können ihren Versorger nach hohen Preissteigerungen nicht wechseln, sie sind „gefangen“. Weil einige Anbieter ihre Preise in der Energiekrise und nach der Pandemie enorm erhöht hatten, begann das Bundeskartellamt mit einer Prüfung von sieben Stadtwerken und Fernwärmeversorgern für den Zeitraum 2021 bis 2023. Der Anfangsverdacht: Sie könnten ihre Macht ausgenutzt und ihre Preise missbräuchlich erhöht haben.
Bei bisher vier Fernwärmenetzen habe sich dieser Verdacht erhärtet, schreibt das Bundeskartellamt. Demnach sollen die Versorger zum Nachteil der Verbraucherinnen und Verbraucher rechtswidrig die Preise angepasst haben. Eben weil Fernwärme-Versorger ein Monopol haben, dürfen sie die Preise nur nach einer gesetzlichen Formel erhöhen. Sie muss einerseits die tatsächlichen Kosten der Versorger für die Erzeugung der Fernwärme beinhalten. Der Versorger darf also keinen teuren Brennstoff abrechnen, wenn er einen günstigen nutzt. Andererseits müssen Versorger berücksichtigen, was generell marktübliche Preise fürs Heizen sind. Beide Teile – auch Kosten- und Marktelement genannt – müssen in der Formel gleich gewichtet werden.
Behördenchef fordert mehr Einblick in die Unternehmen
Doch genau daran halten sich einige der geprüften Anbieter offenbar nicht: In vier Netzen werde das Marktelement zu niedrig gewichtet, heißt es vom Bundeskartellamt. Außerdem hätten Versorger in drei der vier geprüften Netze die tatsächlichen Kosten nicht korrekt abgebildet. Die Preissteigerungen seien höher ausgefallen, „als gesetzlich zulässig gewesen wäre“.
Der Chef der Behörde, Andreas Mundt, sieht Handlungsbedarf: „Unsere bisherigen Verfahrensergebnisse machen bereits deutlich, dass eine intensivere behördliche Befassung mit dem Fernwärmesektor in der Zukunft geboten ist.“ Weil es in Deutschland sehr viele und unterschiedliche Netze gebe, sei eine echte Regulierung unmöglich. Eine große Hilfe für eine effiziente Kontrolle wäre hingegen, wenn das Gesetz konkretere Bedingungen stellen würde: „Wir brauchen Transparenz nicht nur über die Preise, sondern vor allem über die Kosten der Unternehmen, klare Vorgaben zur Preisgestaltung und eine Stärkung der kartellrechtlichen Missbrauchsaufsicht in diesem Bereich.“ Das Bundeskartellamt führt das Verfahren fort und nennt bis zu dessen Abschluss keine betroffenen Unternehmen.