Wem gehört eigentlich Hertha BSC? Um diese Frage zu beantworten, benötigt man inzwischen vermutlich nicht nur profunde Kenntnisse betriebswirtschaftlicher Zusammenhänge; auch mit dem US-amerikanischen Insolvenzrecht sollte man einigermaßen vertraut sein. Ob das ausreicht, um die Frage beantworten kann, sei jedoch mal dahingestellt.
Dem Private-Equity-Unternehmen 777 Partners, das vor gut zwei Jahren die Nachfolge von Lars Windhorst als Großinvestor angetreten hat, gehört die Hertha BSC GmbH & Co. KGaA inzwischen vermutlich nicht mehr. 78,8 Prozent der Anteile hielt das Unternehmen aus Florida, das ähnlich wie Hertha in arge finanzielle Schwierigkeiten geraten ist und sich inzwischen in Abwicklung befindet.
Alle Anteile von 777 Partners an mehreren Vereinen weltweit (unter anderem Standard Lüttich, der FC Sevilla und der CFC Genua) werden inzwischen von der New Yorker Versicherungsgesellschaft Advantage Capital Holdings LLC (A-Cap) kontrolliert. Die neuen Machtverhältnisse manifestieren sich bei Hertha jetzt auch in der Zusammensetzung der Gremien.
Der Berliner Fußball-Zweitligist hat am Dienstag auf seiner Internetseite bekanntgegeben, dass der Aufsichtsrat der Hertha BSC GmbH & Co. KGaA auf drei Positionen neu besetzt worden ist. Dem Gremium gehören künftig David Ellis Shaw (Portfolio Manager bei A-Cap) und Andy Anson (Vorstandschef der British Olympic Association) an. Sie rücken für die beiden 777-Partners-Vertreter Steven Pasko und Joshua Wander nach.
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Zusätzlich wurde Maik Schmidl (Vorstandschef der FORTIS Group) für den aus beruflichen Gründen ausscheidenden Klaus Siegers in den Aufsichtsrat berufen. Shaw wurde zum neuen stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden gewählt. Der bisherige Aufsichtsratsvorsitzende Marius Marschall von Bieberstein bleibt in seinem Amt.
Das Ausscheiden der beiden 777-Partners-Vertreter ist so etwas wie der letzte Beweis, dass die Pläne des Unternehmens, zu einem Global Player im internationalen Fußball aufzusteigen, krachend gescheitert sind. Das Geschäftsgebaren der beiden früheren Hertha-Aufsichtsräte Wander und Pasko ist in den USA längst ein Fall für die Gerichte.
Als Wander im März 2023 mit Herthas damaligem Präsidenten Kay Bernstein und Geschäftsführer Tom Herrich den Beginn ihrer Zusammenarbeit verkündeten, erklärte er, dass es 777 Partners nicht auf schnelle Rendite abgesehen habe, sondern auf wirtschaftliche Nachhaltigkeit. Präsident Bernstein sagte: „Es ist ein sehr guter Tag für Hertha BSC.“
Neben der Ablösung der Anteile von Lars Windhorst (für angeblich nur 15 Millionen Euro) erklärten sich die US-Amerikaner bereit, Hertha zusätzlich 100 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen. Im Gegenzug erhielten sie weitere Anteile an der KGaA. Tatsächlich hat 777 Partner bis zum Frühjahr des vergangenen Jahres 75 Millionen Euro überwiesen, die den Verein nach dem Abstieg aus der Bundesliga maßgeblich vor der Insolvenz bewahrt haben dürften.
25 Millionen Euro sollte Hertha noch bekommen
Die Amerikaner sind ihren vertraglichen Verpflichtungen Herthas immer mehr oder weniger fristgerecht nachgekommen. Allerdings bestand zum Stichtag 31. Dezember 2023 eine Forderung von 4,9 Millionen Euro. „Es besteht nach wie vor ein rechtlicher Anspruch“, sagte Herrich bei der Mitgliederversammlung im November.
Bei Hertha aber rechnet wohl niemand mehr mit diesem Geld. Genauso wenig wie mit den noch ausstehenden 25 Millionen Euro, die für den Fall einer Kapitalunterdeckung zugesagt worden war. Die Verantwortlichen von Hertha mussten zuletzt zugeben, dass sie keinerlei Kontakt mehr zu 777 Partners hätten und über die Entwicklungen bei ihrem Investor auch nur das wüssten, was in den Medien berichtet werde.
Was perspektivisch mit den Anteilen von 777 Partners an Hertha passiert, ist vollkommen offen. Bei einem Weiterverkauf hätten die Berliner ein Vorkaufsrecht, was sie wegen ihrer finanziellen Situation aber wohl nicht wahrnehmen könnten. Außerdem besitzen sie bei einem etwaigen Weiterverkauf ein Vetorecht.
Die Frage ist: Will A-Cap die Anteile verkaufen? Beziehungsweise darf A-Cap sie überhaupt verkaufen?
Wie das norwegische Portal „Josimar“ berichtet, das sich seit längerem intensiv mit den Geschäften von 777 Partners beschäftigt, haben Behörden der US-Bundesstaaten Utah und South Carolina beantragt, die Anteile unter staatliche Kontrolle zu bringen. Zudem, so „Josimar“, werde sowohl gegen 777 Partners als auch gegen A-Cap weiterhin vom Justizministerium und der US-Börsenaufsicht wegen möglicher Verstöße gegen das Geldwäschegesetz ermittelt.